Mein Arbeitszeugnis – Was steht wirklich drin?
Mittwoch 29. April 2009 von loewetv
Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Gesetz Anspruch auf ein Zeugnis. Das Zeugnis ist ein sehr wichtiger Bestandteil jeder Bewerbungsmappe. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit hat es noch mehr an Bedeutung gewonnen. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ist sehr groß. Wer bei seiner Bewer-
bung kein gutes Zeugnis vorzuweisen hat, hat in der Regel keine Chance, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.
Welche Arten von Zeugnissen gibt es?
Es wird grundsätzlich zwischen zwei Zeugnisarten unter-
schieden. Das einfache Zeugnis und das sogenannte qualifizierte Zeugnis.
In einem einfachen Zeugnis bestätigt der Arbeitgeber, daß der Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum in diesem Unternehmen beschäftigt war und welche Tätigkeiten dieser verrichtet hat. Darin macht der Arbeitgeber nur Angaben über Art und Dauer der Beschäftigung.
Wie sollte ein einfaches Zeugnis aufgebaut sein?
Ein einfaches Zeugnis sollte folgende Aussagen enthalten:
– Angaben über die Person des Arbeitnehmers
– Art und Dauer der Beschäftigung
– Beschreibung des Arbeitsplatzes
– Nennung besonderer Leitungsbefugnisse
– Nennung durchgeführter Fortbildungsmaßnahmen
Ein qualifiziertes Zeugnis beinhaltet zusätzlich zu den Feststellungen über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses Aussagen über Leistungen und Führung des Arbeitnehmers während des Beschäftigungsverhältnisses.
Wie sollte ein qualifiziertes Zeugnis aufgebaut sein?
Ein qualifiziertes Zeugnis sollte zusätzlich Aussagen zu folgenden Bereichen enthalten:
– Überschrift
– Einleitungssatz
– Aufgabenbeschreibung
– Leistungsbeurteilung
– Verhaltensbeurteilung
– Bedauerns-Formel, Zukunftswünsche
Viele Arbeitnehmer unterschätzen die Wichtigkeit eines richtig formulierten Zeugnisses. Die Unkenntnis über die „Zeugnissprache“ und die Tücken von Verschlüsselungen in Arbeitszeugnissen ist jedoch weit verbreitet.
Dabei hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis, um ihm den weiteren beruflichen Weg nicht zu erschweren. Aus diesem Grund klingen Zeugnisse für ungeübte Leser durchweg positiv.
Selbst wohlgesinnte Vorgesetzte beherrschen des Öfteren die Zeugnissprache nicht. Dann zwar in bester Absicht geschrieben, kann dann auch mal das völlige Gegenteil heraus kommen. Deshalb – auch wenn das Arbeitszeugnis beim ersten Lesen gut klingt – prüfen Sie es ganz genau!
Hier eine Auflistung von verschlüsselten Formulierungen, wie sie in Arbeitszeugnissen vorkommen können:
Er/Sie hat mit seiner/ihrer geselligen Art zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen
= Er/Sie hat Alkoholprobleme
Er/Sie machte sich mit großem Eifer an die ihm/ihr übertragenen Aufgaben
= Trotz Fleiß hatte er/sie keinen Erfolg
Er/Sie zeigte Verständnis für seine/ihre Arbeit
= Brachte aber keine Leistung
Er/Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß
= Er/Sie war ein/e Bürokrat ohne Eigeninitiative
Er/Sie verstand es, alle Aufgaben mit Erfolg zu delegieren
= Drückte sich vor der Arbeit
Er/Sie hat alle Aufgaben in seinen/ihrem und im Firmeninteresse gelöst
= Hat Firmeneigentum gestohlen
Im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten zeigte er/sie durchweg eine erfrischende Offenheit
= Er/Sie ist sehr vorlaut
Seine/Ihre umfangreiche Bildung machte ihn/sie zu einem gesuchten Gesprächspartner
= Er/Sie führte lange Privatgespräche
Für die Belange der Belegschaft bewies er/sie immer Einfühlungsvermögen
= Er suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis
Für die Belange der Belegschaft bewies er/sie immer umfassendes Einfühlungsvermögen
= Er/Sie suchte homosexuelle Kontakte im Kollegenkreis
Er/Sie war tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen
= Unangenehme/r Mitarbeiter/in, dem/der es an Kooperationsbereitschaft mangelt
Mit seinen/ihrem Vorgesetzten ist er/sie gut zurechtgekommen
= Mitläufer und Ja-Sager/in, der/die sich gut verkaufen kann
Er/Sie verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen
= Überspielt mit Arroganz sein/ihr mangelndes Fachwissen
Seine/Ihre Auffassungen wusste er/sie intensiv zu vertreten
= Hat ein übersteigertes Selbstbewusstsein
Wir bestätigen gerne, dass er/sie mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an seine/ihre Aufgaben
herangegangen ist
= Ihm/Ihr fehlt die fachliche Qualifikation
Ihm/Ihr wurde die Gelegenheit zu Fortbildungsmaßnahmen geboten
= die er/sie nicht genutzt hat
Er/Sie ist ein anspruchsvoller und kritischer Mitarbeiter
= Er/Sie ist egozentrisch und nörgelt
Bei Kunden war er/sie schnell beliebt
= Er/Sie besitzt keine Verhandlungsstärke
Er/Sie arbeitete sehr genau und erledigte seine/ihre Aufgaben ordnungsgemäß
= Er/Sie ist uneffektiv und bürokratisch
Er/Sie war mit Interesse bei der Sache
= aber ohne Erfolg
Er/Sie hatte Gelegenheit, die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu erledigen
= Aber es gelang ihm/ihr nicht
Er/Sie scheidet aus, um in einem anderen Unternehmen
eine höherwertige Tätigkeit zu übernehmen
= die wir ihm/ihr nicht zutrauten
Er/Sie schied im beiderseitigen Einvernehmen aus
= Kündigung durch den Arbeitgeber
Er/Sie schied im besten beiderseitigen Einvernehmen aus
= wirklich einvernehmliche Aufhebung
Seine/Ihre Mitarbeiter schätzten ihn/sie als umgängliche/n Vorgesetzte/n
= Er/Sie achtete zuwenig auf die Leistung seiner Unterstellten
Wir lernten ihn/sie als umgängliche/n Kollegen/in kennen
= Er/Sie war unbeliebt
Die Zufriedenheitsklausel:
Die Zufriedenheitsklausel findet man in fast jeder Leistungs-
beurteilung. Sie stellt eine kurze Zusammenfassung der vorausgegangenen Bemerkungen dar.
Oft ziehen Arbeitgeber hauptsächlich aus dieser Klausel ihre Schlüsse. Dieser Bestandteil eines Arbeitszeugnisses ist daher besonders wichtig.
Note 1 (sehr gut)
…stets zu unserer vollen Zufriedenheit:
Note 2 (gut)
…zu unserer vollsten Zufriedenheit:
Note 3 (befriedigend)
…zu unserer vollen Zufriedenheit:
Note 4 (ausreichend)
…zu unserer Zufriedenheit:
Note 5 (mangelhaft)
…im allgemeinen zu unserer Zufriedenheit:
Note 6 (ungenügend)
Buchtipp:
Das Arbeitszeugnis: Schreiben, prüfen, Geheimcodes knacken (Broschiert)
von Claudia Wanzke
Kurzbeschreibung:
Geheimcodes: Das steckt hinter den Floskeln der
Zeugnissprache.
– Was können Sie tun, wenn Sie ein schlechtes, oder gar kein
Zeugnis erhalten haben?
– Wie gehen Sie vor, wenn Sie Ihr Zeugnis selber schreiben sollen?
Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 29. April 2009 um 22:24 und abgelegt unter Spezial. Kommentare zu diesen Eintrag im RSS 2.0 Feed. Sie können einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf Ihrer Seite einrichten.